Die heimtückische Gefahr von Dolinen und Schächten
Jedes Jahr ereignen sich in Österreich sogenannte „Dolinenstürze“. Eine besonders große Gefahr geht dabei in schneearmen Wintern von „Karstlöchern“ aus. Das Risiko, in eine Doline zu stürzen, ist gering, die Auswirkungen jedoch meist fatal. Zuletzt stürzte im Februar 2023 ein Tourengeher in Niederösterreich auf einer Bergtour im Gipfelbereich der Stumpfmauer 8 Meter tief in einen Schacht. Er konnte in einer aufwendigen Rettungsaktion mit verhältnismäßig glimpflichen Verletzungen geborgen werden. Bereits in der Geschichte gab es ähnliche Unfälle. So stürzte 1935 ein Skifahrer in den 70 Meter tiefen Eingangsschacht des Höllochs im Mahdtal in den Allgäuer Alpen. Dieser Unfall endete leider tödlich.
Wir haben für Euch alles Wissenswerte rund um das Thema „Skitouren und Schneeschuhwanderungen in Karstregionen“ recherchiert und geben Euch Tipps zum risikobewussten Verhalten bei Touren in verschneiten Karstlandschaften.
Karstlandschaften in Vorarlberg
Der Begriff Karst bedeutet so viel wie „steiniger Boden“ und beschreibt eine Landschaft, die von der Wasserlöslichkeit des Kalk- oder Gipsgesteins geprägt ist. Die Entwässerung erfolgt vorwiegend unterirdisch. Dies hat zur Folge, dass an der Oberfläche Gewässer weitgehend fehlen. Diese treten erst im Tal in Form großer Quellen wieder zu Tage.
Die bekanntesten Karstgebiete in Vorarlberg sind neben dem Gottesackerplateau im Kleinwalsertal, das Steinerne Meer im Lechquellengebirge, das Sulzfluhplateau im Rätikon sowie die Gipslöcher in Lech. Insgesamt sind rund ein Drittel der Landesfläche verkarstet. Höhlen, Karren, Dolinen und Schächte sind charakteristische Landschaftsformen für diese Regionen und kommen dementsprechend häufig vor. Diese Karstformen können zwar gefährlich für Menschen und Nutztiere sein, sie bieten aber auch Lebensraum für eine besondere Tier- und Pflanzenwelt und benötigen daher besonderen Schutz.
Heimtückische Karstlöcher
Die typischen Karstregionen sind bekannt und die Einheimischen wissen über das Vorhandensein von Schächten und Dolinen bescheid. Dennoch bleibt ein gewisses Restrisiko. Bei der Tourenplanung ist in der Karte auf Grund spezieller Signaturen zwar zu erkennen, dass man sich in einen Karstgebiet befindet, Karstlöcher sind, wenn überhaupt, aber erst ab einem Durchmessen von zirka 10 Metern vermerkt. Für den Wintersportler sind allerdings besonders die kleineren Dolinen und Schächte gefährlich, da diese im Winter häufig mit Schnee überdeckt sind. Wie dick die Schneebrücke über dem Loch tatsächlich ist, weiß man leider erst dann, wenn es bereits zu spät ist.
In Karstlandschaften ebenso häufig zu beobachten sind ausgeschmolzene Löcher in der Schneeoberfläche. Die Lufttemperatur in Höhlen ist das ganze Jahr über konstant und entspricht dem Jahresdurchschnitt auf der entsprechenden Seehöhe. Die warme Luft aus dem Tal strömt dabei im Winter bei den tiefer gelegenen Eingängen höhleneinwärts und tritt an den oberen Eingängen wieder zu Tage. Dabei entsteht eine Art „Kamineffekt“, welcher Wetterführung genannt wird. Durch den Austritt der Warmluft schmilzt der Schnee und es entstehen Löcher in der Schneedecke. Wie groß, oder besser gesagt wie tief, der darunter liegende Hohlraum ist, kann von der Oberfläche aus nicht festgestellt werden. Derartige Bereiche sollten daher unbedingt großräumig gemieden werden.
Spaltensturz abseits des Gletschers
Tief zerfurchte Karrenfelder benötigen eine ausreichend hohe und gut gesetzte Schneeunterlage, um Ski- und Schneeschuhwanderungen risikobewusst durchführen zu können. Bei geringer Schneelage steigt die Gefahr eines Dolinensturzes.
In Karstgebieten besteht genau genommen die gleiche Gefahr wie auf spaltenreichen Gletschern, mit dem großen Unterschied, dass man dort angeseilt unterwegs ist und die entsprechende Ausrüstung für eine Spaltenbergung mitführt. Das Verletzungspotential bei einem Sturz in eine Felsspalte mit teilweise messerscharfen Kanten ist zudem hoch.
Tipps zum risikobewussten Verhalten in Karstgebieten
- Erkundige Dich bei der Tourenplanung. Häufig geben Tourenbeschreibungen Hinweise auf gefährliche Karstlöcher im Tourenverlauf.
- In schneearmen Perioden ist besondere Vorsicht in Karstgebieten geboten.
- Verzichte auf Touren durch Karrenfelder bei schlechten Sichtbedingungen.
- Meide ausgeschmolzenen Löcher oder markante Mulden.
- Tourenski und Schneeschuhe bieten eine größere Auflagefläche und beugen einem Einbrechen in der Schneedecke vor. Vergewissere Dich, wo Du aus der Bindung steigst.
- Allein schon auf Grund der Lawinengefahr solltest Du niemals ohne Begleitung auf Tour gehen. Dieses gilt auf Grund der Problematik der Karstlöcher im Besonderen für Karstgebiete.
Text: Alex Klampfer, Firmalpin GmbH
Bilder: Emil Büchel, Lukas Plan, Robert Seebacher, Alex Klampfer